Fonio statt Hopfen? Bierbrauen in Zeiten des Klimawandels
Weingüter an der Küste, eine sich zuspitzende „Orangensaft-Krise“, drohender Wassermangel – der Klimawandel beeinflusst immer stärker die Getränkeproduktion. Betroffen ist auch das Bier.
Ohne Hopfen kein Bier
Nach dem deutschen Reinheitsgebot besteht Bier aus den vier natürlichen Zutaten Wasser, Malz, Hopfen und Hefe. Zwar braucht es zum Bierbrauen nicht viele Rohstoffe, doch gerade Hopfen ist empfindlich und besonders anfällig für Witterungsschwankungen, Trockenheit und hohe Temperaturen.
Seit Jahren setzt die Trockenheit dem Hopfen zu,
schmälert den Ertrag und beeinflusst die Bier-Qualität
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Der Hopfenanbau konzentriert sich daher auf einige wenige Länder – mehr als 80 % der Produktion entfallen auf die USA und Deutschland. Seit diesem Jahr ist Deutschland mit einer Anbaufläche von rund 20.300 Hektar wieder der größte Erzeuger von Hopfen weltweit.
Hopfen ist das „Gewürz des Bieres“, er verleiht ihm seine einzigartig bittere Note und trägt zur Haltbarkeit, Schaumbildung und -stabilität bei. Auch wenn die deutsche Hopfenernte dieses Jahres leicht überdurchschnittlich ausgefallen ist, zeigen die Ernten der vorangegangenen Jahre mit deutlich geminderten Erträgen, wie sehr Hitze und Wassermangel den anspruchsvollen Pflanzen zusetzen. Auch qualitativ, denn der Klimawandel verringert den für die Bitterstoffe verantwortlichen Gehalt an Alphasäuren im Hopfen, wodurch das Bier milder wird.
Neue Hopfensorten?
Die Problematik ist bekannt, an Gegenmaßnahmen arbeiten Brauereien, Landwirtschaft und Handel gleichermaßen. Ein Lösungsansatz: die Entwicklung und der Anbau neuer, klimatoleranter Hopfensorten, die trotz steigender Temperaturen gut gedeihen können. Dank längerer Wurzeln, weniger Blattfläche und höherer Schädlingsresistenz sollen die Pflanzen dem Klimawandel die Stirn bieten.
Neue Anbaumethoden?
Einen anderen Weg geht das Hofgut Wimmer: 2023 ging in der Hallertau die bundesweit erste Hopfen-Agri-PV-Anlage in Betrieb. Die Hopfenpflanzen wachsen geschützt unter Solarpanels, die auf stabilen Stahlmasten montiert sind, an denen gleichzeitig die Hopfenpflanzen wachsen. Strom + Hopfen = doppelte Ernte? Die ersten Ergebnisse des wissenschaftlich begleiteten Projekts stimmen positiv.
Das spanische Start-up Ekonoke dagegen setzt auf Indoor-Farming, um die Bierproduktion unabhängiger vom Klima zu machen. Ekonoke baut Hopfen in der Nähe von Madrid an. Wo das Getreide auf Außenflächen nicht gedeihen könnte, ermöglicht die Aufzucht in geschützten Innenräumen bis zu vier Ernten im Jahr und den Verzicht auf Pestizide. Ekonoke arbeitet dabei nicht nur indoor, sondern auch vertical: Die Hopfenpflanzen wachsen in über mehrere Stockwerke gestapelten Regalen.
Das Problem bei alldem für die Brauereien: Wechselt man mit dem Hopfen einen der Hauptgeschmacksträger des Biers aus, muss auch die Rezeptur angepasst werden, um Qualität und Geschmack konstant zu halten.
Ein Bier auf der Basis von "Hungerreis":
Fonio wächst auch auf kargen Böden und gilt als Hoffnung im Kapf gegen Hungersnöte.
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Ein neues Bier?
Ein neues Bier dagegen haben Carlsberg und die Brooklyn Brewery in diesem Jahr gelauncht. Im Rahmen der Kampagne „Brewing for Impact†entwickelten sie das erste Lagerbier aus trockenheitsresistenten Fonio-Pflanzen.
Fonio ist die kleinste Hirsesorte, die es gibt, und gehört zu den ältesten Getreidesorten Afrikas. Sie ist äußerst robust und gedeiht auch unter extremen Bedingungen. Das Carlsberg-Forschungslabor nutzte das Braupotenzial des außergewöhnlichen Getreides für die Entwicklung eines Lagerbiers, das vollständig auf Gerste und Bitterhopfen verzichtet. In begrenzter Auflage war das innovative Bier ab August im „Home of Carlsberg“ in Kopenhagen erhältlich. Schmeckt so das Bier der Zukunft? Darüber entscheiden letztlich die Konsument:innen - un das Klima.
Der Hopfen macht das Bier - und leidet besonders stark unter dem Klimawandel.
Spezialisten arbeiten an zukunftsfähigen Sorten und optimierten Anbaumethoden.
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